Der Titel deutet es bereits an;
Es geht wieder um einen Artikel der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Und die ist in der Vergangenheit ja bereits mit Berichten über Drachen aufgefallen.
LeguanPOWER!
Plötzlich schlagen Gesetze zur Regulierung von als “Gefahrentieren” titulierten Haustieren medial hohe Wellen. Das wohl bald in Kraft tretende, neue Gesetzt in Nordrhein-Westfalen gelangte selbst in die RTL Aktuell Nachrichten. Komisch, dabei gab es schon in 8 weiteren Bundesländern ein solches Gesetz, mit zum Teil deutlich strengeren Verboten.
Erinnern Sie sich? Die Hausspinne und die Bayern – für immer geschieden. Ob es das unter Papst Benedikt XVI. auch gegeben hätte?…
Heute jedenfalls dreht sich alles um einen Artikel der WAZ, die über das Thema berichtet und in Zuge dessen Herrn Norbert Zajac, Inhaber des größten Zoogeschäft der Welt in Duisburg, interviewt hat, welcher offenbart, dass er an dem neuen Gesetz mitgewirkt hat.
Schauen wir uns das mal genauer an:
„Dieser Gesetzesentwurf ist vernünftig und er ist mit Augenmaß verfasst“, […] [sagt Norbert Zajac].
Aber rein objektiv & inhaltlich?
Wir rufen uns noch einmal ins Gedächtnis: Verboten werden folgende, rein aquatile Tiere sein:
Hapalochlaena (Blaugeringelte Kraken), alle Arten der Gattung Conus (Kegelschnecken), alle Arten der Familie der Steinfische (Synanceiidae).
Also Tiere, die überhaupt nicht die geringste Gefahr für die Bevölkerung darstellen würden und nicht einen einzigen Feuerwehreinsatz provoziert haben könnten, der eine große Suchaktion beinhaltet hätte. Kein Steinfisch, der aus Versehen in ein Fachwerkhaus eingemauert wurde und ganze Familien bedroht haben könnte.
Das geht ja auch gar nicht, denn die Steine sind nicht salzhaltig genug für diese Meeresbewohner.
Das ist eine Menge Getier. Alleine Giftzahn tragende Schlangen stellen eine eklatante Menge von Arten dar, die verboten sein werden. Die hiesigen Züchter dürfen sich jetzt schon einmal überlegen, wo sie sich, nachdem sie tausende an Euros für den Aufbau einer sicheren Anlage ausgegeben haben, aus dem Fenster stürzen werden.
Sicher, es geht noch schlimmer. Das geht es immer. Es gibt auch noch viel radikalere Tierrechtler, als PETA (bald mehr dazu 😉 ), aber müssen wir denn schon ein Übel auf PETA Niveau dulden? Und es gleichzeitig für vernünftig halten? Völlig ohne Selbstreflexion, bei dieser Ausgangslage?
Als Beispiel für die vernünftige Regelung wird folgender Punkt angeführt:
“Der Pfeilgiftfrosch zum Beispiel ist nur dann so giftig, wenn er sich zuvor von giftigen Tieren ernährt hat. Füttert man ihn mit Fliegen, ist er so ungiftig wie ein Laubfrosch.“ Also sind künftig Pfeilgiftfrösche nur bei einer „Naturentnahme“ verboten, gezüchtete Tiere aber nicht. Gesetz mit Augenmaß und Sachverstand eben, lobt der Profi-Zoo-Händler.”
Das ist richtig und auch sicherlich ein sinnvoller Punkt in einer Liste voller sinnloser Verbote.
Aber, wenn man sich dazu so zitieren lässt:
“Das Gesetz ist vermutlich deshalb erträglich für den Tierhalter, weil ich daran mitgearbeitet habe“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung.”
Hm, aber wie wäre ein Blick auf die Gesetzeslage der anderen Bundesländer? Nordrhein-Westfalen ist ja ein Nachzügler, trotz der rot/grünen Regierung.
Es stehen fast die selben, ausgesprochenen Verbote darin. Aber es gibt folgenden, guten Zusatzpunkt:
(2) Der Landkreis oder die kreisfreie Stadt kann Ausnahmen von dem Verbot des Absatzes 1 genehmigen, wenn1. durch die Haltung des gefährlichen Tieres im Einzelfall keine Gefahr für Dritte entsteht und
2. gewährleistet ist, dass die Tierhalterin oder der Tierhalter von dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt festgelegte Gegenmittel und Behandlungsempfehlungen bereithält.
Damit macht das Land die Haltung nicht unmöglich, sondern gewährt seriösen Haltern eine Erlaubnis zu beantragen. Das scheint in NRW bisher nicht der Fall zu sein…
Auch hier wieder das gleiche:
derjenige, der ein gefährliches Tier halten will, nachweist, dass durch die Tierhaltung im Einzelfall keine Gefahren für Dritte, insbesondere im Haushalt lebende andere Personen entstehen können, das Tier in einer ausbruchsicheren Anlage untergebracht wird und die Anlage gegen Zugriff durch andere Personen gesichert ist,
2. der Betroffene volljährig ist, die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und Kenntnisse und Fähigkeiten im sicheren Umgang mit dem Tier nachweist,
3. der Betroffene durch einen Notfallplan, der deutlich sichtbar für Dritte ausgehängt sein muss, eine den Besonderheiten der Tierhaltung entsprechende Erstversorgung im Falle eines Unfalls nachweist,
4. der Betroffene eine sachkundige Person benennt, die im Verhinderungsfall die verantwortliche Betreuung des Tieres übernimmt.Die Anzahl der Tiere, für die eine Ausnahme nach Satz 1 erteilt wird, soll zehn nicht überschreiten, es sei denn, der Betroffene macht ein besonderes Bedürfnis geltend.
Nur, dass der letzte Absatz es ein wenig relativiert. Eine Zucht ist mit 10 Individuen schwer zu bewerkstelligen.Aber es gibt diese Klausel.
Fall 3: Berlin: https://www.auffangstation.eu/gesetze-verordnungen/verordnung-berlin-geftvo.html
Ohne direkt zu zitieren (Klicken können Sie sicher selbst), ist es inhaltlich wieder fast das gleiche. Es gibt ebenso die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen.
Inwiefern diese noch in NRW integriert werden, bleibt abzuwarten.Besser oder abgeschwächter als in diesen Bundesländern ist das NRW Gesetzt jedenfalls noch nicht, eher im Gegenteil.
Am Ende bliebe das selbe Gesetz, wie in den genannten Beispielen stehen, wenn denn die Möglichkeit der Ausnahmeregelung eingeführt wird.
Positiv wäre aber sicher zu nennen, dass Rochen gänzlich fehlen (in Hamburg z.B. nicht) und die Hausspinne in NRW noch willkommen ist (in Bayern nicht).
“Seit 35 Jahren würden in seiner Zoohandlung in Neumühl aber keine Giftschlangen mehr verkauft. „Die werden in Deutschland ohnehin wenig gehandelt.[…]”
Die werden nämlich eher auf Börsen, wie der Terraristika in Hamm, weiterverbreitet. Oder eben von Züchter zu Züchter im Internet. Und das ist auch gar nicht schlecht so gewesen.
Moment mal. Hieß es nicht “Dieser Gesetzesentwurf ist vernünftig und er ist mit Augenmaß verfasst.“ ?
Für einen Händler ist er das selbstverständlich.
Denn die aufgezählten Tiere, die generell verboten sein werden, sind allesamt Arten, die normalerweise selten bis nie in Zoogeschäften anzutreffen sind. Wenn überhaupt, hat ein Händler, wie Zoo Zajac den ein oder anderen kleinen Kaiman in einem Aquaterrarium, mit dem jedoch sicherlich der abfallende Gewinn äußerst gering ausfallen dürfte. Solche Tiere sind typische Customer Catcher.
Und auf so einen kann man gerade bei der immensen Vielfalt des Geschäftes mal verzichten.
Für welche Menschen ist dieser Gesetzesentwurf also wirklich vernünftig? Für den Tierhandel oder für den ambitionierten Hobbyzüchter, der auch wert auf Arterhaltung legt?
“Im Frühjahr 2013 sei die rot-grüne Arbeitsgruppe aus dem Düsseldorfer Landtag unter Führung des Duisburger MdL Frank Börner bei ihm in der Zoo-Handlung in Neumühl gewesen und habe vor Ort nach einer vierstündigen Führung mit Tierärzten, Biologen und sachkundigen Mitarbeitern seines Unternehmens über giftige und gefährliche Tiere gesprochen.”
Aber was hat das mit der Realität zu tun, die in deutschen Wohnungen und Häusern stattfindet? Überhaupt gar nichts.
Ein Händler, wie Zoo Zajac, sollte nur als Zwischenposten fungieren, bei dem offensichtlich ist, dass es keinerlei Einblicke in das Denken und die Realität der Tierhaltung beim Kunden/Halter selbst gibt.
“Künftig müssen für deutlich mehr Tiere, die alle im neuen Gesetz aufgelistet sind, eine Sachkunde und eine ausbruchsichere Unterkunft vom Käufer nachgewiesen werden. Für Baby-Krokodile, Giftfische oder Schnappschildkröten.”
Und es kristallisiert sich heraus, dass der Autor den Gesetzesentwurf nicht gelesen hat oder Dinge nicht verstanden hat (oder sie ihm falsch zugetragen wurden).
“Babykrokodile” sind genauso wie Drachen Panzerechsen. Und Panzerechsen sind verboten.
Also keine Babykrokodile für WAZ Reporter bei Zoo Zajac mehr.
Giftfische wurden ebenfalls verboten (s.o.), andere sind nur mit einer Genehmigung zu halten.
Und Schnappschildkröten bleiben leider verboten (danke an einen aufmerksamen Leser), da die bundesweit verboten sind und daher das bundesweite Gesetz Vorrang hat.
Zurück zum Interviewpartner.
“Etwa 500 Giftschlangen-Halter, so sagt Zajac, gebe es wohl in Deutschland.”
Gewagte These. Es gibt keinerlei offizielle Statistiken zu solchen Zahlen, doch die Zahl “Giftschlangen tragender Schlangenhalter” dürfte wohl um ein vielfaches höher liegen!
Giftzähne haben sehr viele Schlangen. Sehr, sehr viele. Und die Formulierung “Giftzahn tragende Schlangen” ist so allgemein destruktiv, wie nur irgend möglich.
Man kann faktisch keine Zahlen nennen. So ist es genauso unseriös “500” zu nennen, als wenn ich Ihnen jetzt sage, dass es definitiv mehr sind. Aber ich kann versuchen argumentativ zu zeigen, dass die Vielfalt viel größer sein muss. Ich persönlich wäre eher im hohen 4-stelligen Bereich, möglicherweise niedrig 5-stellig.
Dazu kann man zum Beispiel die Angebotsliste von Terraristik.com durchsuchen. Außerdem kann man schauen, welche Schlangen überhaupt Giftzähne besitzen. Und das sind sehr viele.
Ähnliche Inserat Recherchen lassen sich auch mit Panzerechsen anstellen. Da würde ich selbst von einer niedrigeren Anzahl ausgehen.
Wie dem auch sei; 500 ist nach allen Schätzungen, wenn man mal die ein oder andere Börse besucht hat und außerhalb der Händlerwelt agiert, als äußerst unwahrscheinlich einzustufen.
Und dann wird es plötzlich dreckig:
“Aber einer der größten Giftschlangen-Züchter und -Händler agiere ausgerechnet in Duisburg. Ein ehemaliger Mitarbeiter von ihm, von dem er aber nicht wisse, wo er wohne. „So einer wird seine giftigen Tiere niemals den Behörden melden.“”
Die Stimmung kippt.
Warum auch immer der Artikel genutzt wurde, um auf ehemalige Mitarbeiter ein schlechtes Licht zu werfen:
Ich weiß es nicht. Aber:
Dabei dürfte er sie dann ganz legal behalten, wie alle Besitzer von dann verbotenen Tieren. Er dürfte sie nur nicht mehr verkaufen oder weitergeben, nicht neue Tiere zukaufen. „Mit dieser Regelung soll verhindert werden“, so Zajac, „ dass plötzlich verbotene Tiere von ihren Besitzern weggeworfen, geschlachtet oder ausgesetzt werden.“ Die Zoos und Tierheime wären zudem völlig überfordert.
Es interessiert einen Züchter wohl relativ wenig, ob er seine Tiere noch 500 Jahre lang behalten könnte, selbst wenn er nur noch ein Cyborg in einer Welt, regiert von Roboputin, wäre.
Er darf seine Tiere nicht mehr verbreiten, nicht mehr vermehren, er wird gezwungen “Verbrauchstierhalter” zu werden.
Ein “Verbrauchstierhalter “ (Unwort des Jahres Alarm!) ist ein Tierhalter, der seine Tiere lediglich hält und an denen Zooläden die meiste Freude haben. Denn solche Kunden kommen immer wieder und zerstören den Markt nicht durch externe Liebhabereien. Verbrauchstierhalter halten einfach ihre Tiere, ohne etwas zurückzugeben oder den Tierhandel zu beeinflussen. Das ist eine sehr einseitige Sache, bei der den Tieren lediglich ein adäquates Zuhause geboten wird, der Fokus jedoch nicht bei der Arterhaltung liegt oder der Sicherung einer Art für das Hobby, um Wildbestände gänzlich zu schonen.
Sicherlich weiß ich nicht, ob der angesprochene Exmitarbeiter ein Verbrauchshalter ist, doch sollte jedem seriösen Tierhalter diese Formulierung seitens Zajac missfallen, denn das größtmögliche Argument für die Tierhaltung wird nicht berücksichtigt.
Es ist das Argument der Arterhaltung, welche lediglich seriöse Züchter aktiv betreiben können. In Zooläden ist das selten zu sehen, im angesprochenen Laden habe ich noch nie ein Becken gesehen, dessen Inhalt nicht für den Verkauf bestimmt war. Dass es aber auch funktioniert, Händler und Züchter zu sein, zeigte mir das Aquahaus in Dülmen, mit einer beeindruckenden Zuchtanlage. Alle Händler über einen Kamm zu scheren wäre daher falsch. Und derartige Händler können auch für den Tierschutz Vorbilder sein.
Menschen, die Tiere züchten, geben dem Kreislauf des Lebens etwas zurück. Händler tun das gemeinhin eher selten, wobei es immer noch die positiven Aspekte von Wildfängen gäbe, mit denen ich mich aber in einem anderen Artikel beschäftigen werde. Zudem dürfte es klar sein, dass auch die Reproduktion von Wildfängen deutlich sinnvoller ist, als allein ihr “Verbrauch”. Auch ist es nicht per se schlimm, sich als Verbrauchstierhalter zu definieren (als Katzen- oder Hundehalter ist es sogar ein muss), aber hier geht es darum, wo diese Verbraucher vorrangig produziert werden und Züchter in ihren Interessen, nein im Interesse aller Menschen, Arterhaltung zu fördern, außen vor gelassen werden.
Es ist also nur ein kleiner Trost, hätte man anstatt auf den Handel zu hören und es sich einfach zu machen, den ein oder anderen Mitarbeiter Zuhause besucht, dann wären ganz andere Aspekte zum Vorschein gekommen…
( https://www.homoneo.de/schlag1/)
Grüner Leguan: By Cy (Own work) [CC-BY-3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons